Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu zwei von der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) eingereichten Verfassungsbeschwerden gegen automatisierte Datenauswertungen durch die Polizei in Hamburg und Hessen erklären Misbah Khan, Mitglied im Ausschuss für Inneres und Heimat, und Konstantin von Notz, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender:

Dass die klassische Polizeiarbeit zunehmend durch automatisierte, also auf künstlicher Intelligenz beruhender, Datenerhebung, -verknüpfung und -auswertung ersetzt wird, ist eine rechtsstaatlich fragwürdige Entwicklung. Diese naive Technikgläubigkeit schlägt sich in mehreren polizeigesetzlichen Novellen verschiedener Bundesländer der letzten Jahre nieder.

Wiederholt haben wir auf die erhebliche Fehleranfälligkeit der eingesetzten Technologien, die damit verbundenen Gefahren für die informationelle Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger und auf sehr ernst zu nehmende verfassungsrechtliche Bedenken hingewiesen.

Das Bundesverfassungsgericht macht mit der heutigen Entscheidung deutlich, dass der Einsatz derartiger Technologien, die zum Ziel haben, kriminelles Verhalten bereits im Vorfeld vorherzusagen, nur in sehr engen verfassungsrechtlichen Grenzen möglich ist.

Das Gericht mahnt rechtsstaatlich klare Vorgaben in den entsprechenden gesetzlichen Regelungen an. Dargelegt werden muss unter anderem, unter welchen konkreten Bedingungen und zur Verhinderung welcher Straftaten der Einsatz zulässig ist. Zudem sind verschiedene rechtsstaatliche Schutzmechanismen zwingend einzuziehen.

Die heute bereits vielfach zum Einsatz kommende Technik ist häufig eben nicht „intelligent“. Vielmehr ist sie oftmals extrem fehleranfällig und mit erheblichen verfassungsrechtlichen Problemen behaftet. Der Gesetzgeber muss diese Bedenken zukünftig viel ernster nehmen.

Wir weisen noch einmal darauf hin, dass rechtsstaatliche Institutionen gerade auf einem verfassungsrechtlich derart heiklen Feld gut beraten sind, nicht blindlings auf hoch fehleranfällige Technologien fragwürdiger IT-Firmen zurückzugreifen. Auch muss die Expertise der zuständigen Datenschutzbeauftragen zukünftig mehr Beachtung finden.

Die heutige Entscheidung wird weitreichende Auswirkungen auf die Polizeiarbeit auch in anderen Bundesländern haben. Auch die Bundesebene muss die Auswirkungen sowohl auf den polizeilichen wie nachrichtendienstlichen Bereich genau analysieren. Als Ampel stellen wir uns dieser Herausforderung und werden die Entscheidung auch bei der Aufstellung einer Überwachungsgesamtrechnung sehr genau im Blick behalten.

Wir danken den Klägerinnen und Kläger für ihr Engagement für unsere Freiheitsrechte.