Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

am heutigen Donnerstag, dem 29. September 2011 wurde im Plenum des Deutschen Bundestages über den Euro-Stabilisierungsmechanismus abgestimmt. An dieser Stelle möchte ich Ihnen die Gründe, die für mich ausschlaggebend waren, dem Gesetz heute zuzustimmen, kurz darlegen:

In Zeiten globaler Fragen und Krisen brauchen wir eine starke EU. Das ist meine feste Überzeugung. Deswegen hat die Stabilisierung der jetzt strauchelnden Länder überragende Bedeutung, für ganz Europa, aber eben auch für den wirtschaftlichen Wohlstand in Deutschland.

Beides ist – es mag einem gefallen oder nicht – im Jahr 2011 nicht mehr voneinander zu trennen. Wir Grüne stehen für eine ehrliche europäische Politik, die die Bürgerinnen und Bürger über die Konsequenzen der Hilfspakete informiert und gleichzeitig klarstellt, wie sehr vor allem auch Deutschland von Europa profitiert. Ein Auseinanderbrechen des Euros bzw. der Austritt mehrerer Staaten aus der Euro-Zone wäre wirtschaftlich und politisch sowohl für Europa, als auch für einzelne Staaten, aber vor allem auch für Deutschland ein unermessliches ökonomisches Desaster. Zudem wären auch die weitere europäische Integration und das europäische Friedensprojekt auf Jahrzehnte ausgebremst.

Deutschland hat wie kein anderes Land vom EU-Binnenmarkt und der gemeinsamen Währung profitiert. Zweifellos kostet der Weg aus der Eurokrise jetzt Mut und Geld. Viel Geld, und ich gebe auch offen zu, dass es in meinen Augen letztlich keine Gewähr dafür gibt, dass das was wir jetzt an Hilfsmaßnahmen machen, tatsächlich zum Erfolg führen wird. Aber es ist der schlüssigste Plan und ohne seine Umsetzung, wären katastrophale politischen und wirtschaftlichen Folgen gerade für Deutschland gewiss. Unsere Exportindustrie, die einen ganz wesentlichen Anteil an unserem Wohlstand hat, würde unter massiven Druck geraten. Und ein Zusammenbruch der Bank- und Versicherungsbranche wäre nicht ausgeschlossen, mit unabsehbaren Folgen für unser Währungssystem, genauso wie bspw. für die deutschen Sozialsysteme.

Das Karlsruher Bundesverfassungsgericht hat gerade noch einmal bestätigt, dass sowohl die Kredithilfen für Griechenland als auch der Euro-Rettungsschirm verfassungsgemäß zustande gekommen sind. Außerdem hat das Gericht die Parlamentsrechte gestärkt. Die grüne Bundestagsfraktion fühlt sich durch das Urteil in ihrem bisherigen Kurs bestätigt. Wir Grünen setzen uns für eine demokratisch sauber legitimierte Entscheidung, ein starke Mitbestimmung des Parlaments und einen Rettungsschirm ein, der uns in die Lage versetzt, die aktuellen Probleme anzugehen und Deutschland und Europa vor den drohenden, sehr realen Bedrohungen zu bewahren. Im Vorfeld der heutigen Abstimmung haben wir Grünen uns dafür eingesetzt, dass der Bundestag grundsätzlich zustimmen muss, bevor sich Deutschland an einem Kreditpaket beteiligt. Gleichzeitig fordern wir, dass die Bundesregierung den Bundestag frühzeitig und umfassend informiert.

Wir Grüne wollen dazu beitragen, dass die Eurokrise zügig beendet und der Euro dauerhaft stabilisiert wird. Deswegen werden meine Fraktion und ich dem Gesetz heute zustimmen. Gleichzeitig werden wir noch einmal deutlich machen, dass die Aufstockung und die zusätzlichen Instrumentarien zwar wichtige Maßnahmen sind, um die akuten Krisenherde zu bekämpfen und die Finanzmärkte zu beruhigen, es jetzt jedoch essentiell ist, die Ursachen, die erst zur Entstehung der Krise geführt haben, effektiv anzugehen. Ohne die Spekulationskultur der Finanzmärkte und die Verschuldungskultur der Mitgliedsländer – auch Deutschlands- dauerhaft zu beenden, werden – in meinen Augen – auch die jetzt ergriffenen Maßnahmen keine Rettung bringen.

Der erweiterte Euro-Rettungsschirm ist eben nur ein Baustein von vielen. Wir brauchen nun zügig den dauerhaften Europäischer Stabilisierungsmechanismus (ESM), der als dauerhafter Krisenmechanismus den Euro stützen kann, indem er klare Regeln für Finanz-Notfälle schafft und spekulative Wetten gegen einzelne Euro-Staaten verhindert. Der ESM wird auch die Beteiligung des Privatsektors ermöglichen, wenn künftig die Insolvenz von EU-Mitgliedsstaaten festgestellt wird. Damit wird der ESM den Weg für ein geordnetes Insolvenzverfahren für Euro-Staaten ebnen. Unsere vollständigen Forderungen und unsere weitergehenden Lösungsansätze für die Beendung der Eurokrise finden Sie in unserem Entschließungsantrag, über den wir heute ebenfalls im Bundestag abgestimmt haben.

An dieser Stelle möchte ich noch auf unser auf der diesjährigen Herbstklausur der grünen Bundestagsfraktion vom 31. August 2011 beschlossenes Papier verweisen. In unserem Beschluss „Für ein starkes Europa und einen europäischen Weg aus der Krise“ finden Sie zahlreiche weitere Informationen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Beweggründe meiner Endscheidung ein Stück weit darlegen. Meine Fraktion und ich haben die Entscheidung, die zweifellos zu den wichtigsten des Bundestages überhaupt gehören wird, äußerst ernst genommen und unsere Position, auch in Absprache mit zahlreichen Experten, sorgfältig abgewogen.

Herzliche Grüße
Ihr Konstantin v. Notz