PM: Straßenreparatur vor Neubau, kluge Prioritäten statt leere Versprechungen

Anlässlich der Debatte um den Erhalt öffentlicher Infrastruktur und dem jüngsten Sofortprogramm der Kieler Landesregierung erklären Annedore Granz, Vorsitzende der Kreistagsfraktion und Spitzenkandidatin zur Kommunalwahl sowie Dr. Konstantin von Notz, Bundestagsabgeordneter, Stadtverordneter und Co-Spitzenkandidat in Mölln von Bündnis 90/Die Grünen:

Annedore Granz: „Solange das bestehende Straßennetz nicht in angemessener Weise gepflegt werden kann, können wir uns den Neubau von Straßen nicht leisten. Jetzt rächt sich, dass seit vielen Jahren die von Bund, Ländern und Gemeinden zur Verfügung gestellten Straßenbau-Finanzmittel vielfach nicht in ausreichender Höhe für Reparaturen eingesetzt wurden. Statt dessen wurde unser Straßennetz, das schon eines der dichtesten in Europa ist, durch immer weitere Neubauten vergrößert. Mit der Unterhaltung kam man aber nicht mehr hinterher – der Anteil der hierfür zur Verfügung gestellten Mittel wurde zu Gunsten des Straßenneubaus immer geringer. Der Trend, immer mehr Geld in neue Straßenbauvorhaben zu stecken, muss umgekehrt werden. Ein weiteres, riesiges Problem ist, dass die Fernstraßenbrücken, von denen es in Deutschland 37.000 mit einem Anlagewert von rund 40 Mrd. Euro gibt, in ihrem Zustand so marode sind, dass über 45 % von ihnen kurzfristig saniert werden müssen.“

Konstantin von Notz mahnt eine versachlichte und problemorientierte Debatte an und begrüßt das Sofortprogramm der Kieler Landesregierung„Klaffende Schlaglöcher und bröckelnde Brücken sind gerade im ländlichen Raum ein akutes Sicherheitsproblem, bei dem weder parteipolitische Schuldzuweisungen noch populistische Versprechungen weiter helfen. Daher ist es gut, dass die schleswig-holsteinische Landesregierung jetzt mit einem Sofortprogramm für die dringendsten Problemstrecken handelt, anstatt den Menschen das Blaue vom Himmel zu versprechen. Hier wird umgesetzt, was Grüne Verkehrspolitik schon seit Jahren anstrebt: Statt Prestigebauten auf Pump, eine kluge Prioritätensetzung und Erhalt statt Neubau.

Allerdings brauchen wir nun auch eine ehrliche Debatte über die eigentlichen Ursachen für unsere chronisch unterfinanzierte Infrastruktur: Unsere Straßen sind nicht marode und unsere Regionalbahnen nicht überfüllt, weil einige Millionen mehr in Radwege und öffentlichen Nahverkehr gesteckt werden – sondern weil über Jahrzehnte Abermilliarden nach politischem Gutdünken in unnütze Megaprojekte versenkt wurden. Sehenden Auges vernachlässigte man Straßenerhalt und Zukunftsinvestitionen, weil das Arbeit statt schöne Pressebilder bringt.

Das kritisieren freilich nicht nur grüne Verkehrspolitiker, sondern alle ernst zu nehmenden Experten bereits seit langem. Wer aber stellte über all die Jahre jene Verkehrsminister und Bürgermeister, die lieber zu Bauhelm und Eröffnungsband griffen als über Verkehrsnutzen, Treibstoffpreise und Folgekosten nach zu denken? Hier braucht sich grüne Mobilitätspolitik nicht zu verstecken: Erhalt statt Neubau, eine realistische Prioritätensetzung und klug vernetzte öffentliche Mobilitätskonzepte.“

Granz: „Wir fordern eine Umschichtung der Finanzmittel. Der Bund muss Gelder aus dem Bundesverkehrswegeplan abzwacken und ein Sanierungssofortprogramm auflegen. Außerdem müssen im Investitionsrahmenplan die Straßenbaumittel neu zu gewichtet werden mit dem Ziel, die Substanzerhaltung der Infrastruktur künftig sicher zu stellen. Neubaumaßnahmen – sofern überhaupt gerechtfertigt – sind solange zurückzustellen, bis das Straßennetz in einen ordnungsgemäßen Zustand gebracht worden ist.“