246 Sitzung, 13.06.2013, TOP 33
Der Bundespräsident steht als Staatsoberhaupt protokollarisch an der Spitze des Staates. Er ist das Verfassungsorgan, das die Bundesrepublik Deutschland nach innen und nach außen repräsentiert. Dies geschieht, indem der Bundespräsident durch sein Handeln und öffentliches Auftreten den Staat selbst – seine Existenz, Legitimität, Legalität und Einheit – sichtbar macht. Darin kommen zugleich die Integrationsaufgabe und die rechts- und verfassungswahrende Kontrollfunktion seines Amtes zum Ausdruck. Sie wird ergänzt durch eine politische Reservefunktion für Krisensituationen des parlamentarischen Regierungssystems.
Besonders seine Mitwirkung bei der Ausfertigung der Gesetze, seit Jahrzehnten wegen der streitigen Reichweite ein Dauerbrenner in der juristischen Ausbildung, macht eines deutlich: bei aller Kritik am Amt des Bundespräsidenten handelt es sich eben nicht nur um eine Art „Ersatzkönig“, wie es salopp gerne behauptet wird.
Dem Bundespräsident kommen vielmehr durchaus bedeutende Mitwirkungshandlungen im Regierungssystem zu. Er hat als Staatsoberhaupt maximale Sichtbarkeit und symbolische Vertretungsmacht für das gesamte deutsche Volk, er ist der höchste Repräsentant. Zudem ist er Leiter des Bundespräsidialamtes, einer obersten Bundesbehörde und verfügt damit über einen eigenen bürokratischen Stab, um seinen Amtsgeschäften nachkommen und die ihm durch das Gesetz zugesprochenen Aufgaben erfüllen zu können.
Meine Damen und Herren, all das, Sie ahnen schon worauf ich damit hinaus will, klingt so gar nicht danach, als sollte man in großer Eile, auf die noch nachklingende öffentliche Kritik an einem bislang einmaligen Vorgang – der Niederlegung des Amtes bereits während der ersten Amtszeit – die Parameter dieses Amtes in Gestalt der Ruhebezüge auf die Schnelle grundlegend ändern. Das verlangt die Würde des Amtes, die kein nebulöser Begriff sein soll, sondern unter der wir die Aufgaben und die verfassungsrechtlich bestimmte Rolle des Bundespräsidenten bezeichnen.
Die Causa Wulff, weniger staatstragend könnte man auch formulieren, sein unrühmlicher Abgang nach kurzer Zeit – immerhin standen und stehen Vorwürfe möglicher Strafbarkeit im Raum – hatte die Frage aufgeworfen, ob Bundespräsident a.d. Wulff die ihm nach dem Gesetz zustehenden Ruhebezüge, der sogenannte Ehrensold, überhaupt beanspruchen könne. Denn dieser setzt einen Rücktritt ausschließlich aus gesundheitlichen oder politischen Gründen voraus. Folglich wurde argumentiert, Wulff sei aus persönlichen Gründen aus dem Amt geschieden und damit nicht anspruchsbefugt. Doch lassen sich politische und persönliche Gründe beim Amt des Bundespräsidenten schwer voneinander trennen. Es blieb deshalb dabei, dass Wulff nach der geltenden Rechtslage der Ehrensold nicht abzuerkennen war. Von welcher Stelle auch hätte das geschehen sollen?
Gleichwohl führen wir seit dem Abgang von Christian Wulff eine wie ich meine auch ganz legitime Reformdiskussion. Wir haben sie öffentlich geführt, wir führen sie im Haushaltsausschuss, und jetzt führen wir sie im Innenausschuss: schon der Begriff des Ehrensoldes erscheint mehr als unzeitgemäß, das Jahr der gesetzlichen Regelung 1953 lässt grüßen.
Schlicht weil es bislang nicht notwendig war, haben wir immer noch eine Regelung, die ohne Rücksicht auf die Amtsdauer, auf das Alter, Gründe des Ausscheidens und sonstige Lebensumstände die vollen Bezüge zusichert. Auch die im Umfang die Ruhebezüge noch übersteigenden Nebenleistungen wie Büro und Mitarbeitern, bislang übrigens wie die aktiven Amtsbezüge gesetzlich nicht gesondert geregelt, werfen Fragen der Angemessenheit auf. Bezugspunkt für die Bestimmung, so scheint es sachgerecht, können dabei nur öffentliche Ämter sein, weil wir es eben mit dem ersten Diener des Staates zu tun haben.
Eine berechtigte Funktion der Ruhebezüge liegt darin, nach dem Ausscheiden aus dem Amt eine nachwirkende Zurückhaltung bei der Bekleidung neuer Ämter zu bewirken, dabei sollte aber grundsätzlich auch bei den Bezügen anderer staatlicher Ämter Maß genommen werden.
Auch wir wollen die Abschaffung des Ehrensoldes und eine faire Vergütungsregelung, die sich an der Systematik der Vergütungen etwa von BundeskanzlerInnen und BundesministerInnen orientiert. Und es erscheint durchaus sachgerecht, dabei auch eine Regelung vorzusehen, bei der die Dauer der Ausübung des Amtes angemessene Berücksichtigung findet und deshalb in der ersten Amtszeit nicht gleich bei 100 Prozent liegt. Doch damit allein ist es nicht getan.
Wie gesagt, auch bei den ganz erheblichen Nebenleistungen besteht Nachbesserungsbedarf und eine Rückführung auf ein angemessenes und nachvollziehbares Maß. Dieses Jahr haben wir im Haushaltsausschuss ja bereits gewisse Anpassungen vorgenommen. Geklärt werden muss aber auch, wer am Ende für die entsprechenden Festsetzungen zuständig sein soll, meines Erachtens kann das nur das Parlament selbst sein.
Die Beschreibung der Rolle und der Funktion des Bundespräsidenten macht zudem deutlich, dass es gut ist, wenn wir den bisherigen parlamentarischen comment im Hinblick auf Fragen des Bundespräsidenten wahren, und damit meine ich die weitgehende interfraktionelle Abstimmung. Ehrensold und Amtsausstattung werden bislang im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages einvernehmlich behandelt. Soweit möglich, wollen wir diesen Weg weiter beschreiten. Dabei sollten wir auch diskutieren, ob eine normenklare und wohlabgewogene gesetzliche Regelung ebenfalls besser zum Ausdruck bringen könnte, dass wir es eben nicht nur mit unserem obersten Staatsoberhaupt zu tun haben, sondern mit dem ersten Diener des Staates. Dem SPD-Vorschlag, der ausschließlich auf die Frage der Neuregelung mit Blick auf die Amtsdauer abzielt, können wir mit Blick auf den umfangreicheren Novellierungsbedarf nicht zustimmen, auch wenn er in die richtige Richtung geht. Die einhellige Kritik im Innenausschuss am unilateralen Vorgehen der SPD zu einem Zeitpunkt, der die heiße Phase des Wahlkampfes einläutet, teilen wir mit Blick auf die besondere Würde des Amtes, wie sie in der Verfassung zum Ausdruck kommt. Wir wollen das Amt des Bundespräsidenten da raushalten!
Dann aber, in der kommenden Legislaturperiode, sollten wir uns nicht scheuen, in Ruhe und offen über alle Fragen zu sprechen. Meines Erachtens zählt dazu auch die grundgesetzlich festgelegte Frage der Amtsdauer. Könnte nicht eine Verkürzung der Berufung auf ausschließlich eine Amtszeit, etwa sieben Jahre, Unklarheiten beseitigen helfen, die im Verfahren der Bestellung in den letzten Jahren zutage getreten sind? Ich wünsche uns bei dieser schon bald wieder hier zu diskutierenden Frage einen kühlen Kopf und demokratische Weitsicht, zum Besten unseres Landes.
Vielen Dank!