Zu dem von Union und SPD vorgelegten Koalitionsvertrag erklärt der schleswig-holsteinische Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Konstantin von Notz:

Der von CDU/CSU und SPD vorgelegte Koalitionsvertrag ist an Seiten dick, aber inhaltlich schwach. Zu Recht wird er derzeit aus ganz unterschiedlichen Richtungen kritisiert. Die Euphorie meiner Wahlkreis-Kolleginnen und Kollegen kann ich nicht teilen.

Das Vertragswerk atmet den Mief einer der Vergangenheit verhafteten Politik. Statt zu gestalten wollen die Koalitionäre in den nächsten vier Jahren Vergangenes verwalten. Die drängenden Zukunftsaufgaben unseres Landes werden auf die lange Bank geschoben.  Statt einen Aufbruch zu markieren, ist der Vertrag ein Steinbruch längst bekannter und teils überholter Positionen. Visionen sucht man vergeblich.

Die Finanzierung zentraler Projekte dieser  „großen“ Koalition bleibt weiter unklar, Steuererhöhungen werden nun plötzlich doch nicht mehr ausgeschlossen. Insgesamt gehen die Vereinbarungen vor allem zu Lasten der kommenden Generation.

Die Energiewende wird torpediert und ein Gesellschaftsbild von gestern zementiert. Die Bürgerrechte werden, statt sie angesichts des augenblicklichen Ausspähskandals entschlossen zu stärken, weiter abgebaut und die Bevölkerung durch Instrumente wie die anlasslose Vorratsdatenspeicherung unter Generalverdacht gestellt.

Klimaschutz, ökologische Modernisierung der Wirtschaft, Revitalisierung der Europäischen Union, nachhaltig finanzierte Investitionen in Bildung, Verkehr und einen besseren sozialen Ausgleich – für diese großen Zukunftsaufgaben unserer Zeit hat die große Koalition keine Lösungen, sondern maximal Prüfaufträge anzubieten.

Klar ist: Wie jede neue Regierung wird auch diese eine faire Chance bekommen. Klar ist aber auch: Der Start der Großen Koalition ist ein Fehlstart.