Zur morgigen De-Facto-Zustimmung der Bundesregierung für Genmais im EU-Ministerrat und dem Abstimmungsverhalten der Wahlkreisabgeordneten Dr. Nina Scheer (SPD) und Norbert Brackmann (CDU) über den grünen Antrag, im Rat gegen den Genmais-Anbau zu stimmen (Drs.-Nr. 18/180; hier nachlesen), erklärt Dr. Konstantin von Notz Wahlkreisabgeordneter für Herzogtum Lauenburg – Stormarn-Süd von Bündnis 90/Die Grünen:

Studien belegen klar: Fast niemand will Gentechnik auf dem Teller oder auf dem Acker. Auch Union und SPD erkennen das in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich an. Trotzdem spricht sich die Große Koalition auf europäischer Ebene nicht gegen Genmais aus. Die Regierungen der EU-Staaten werden am morgigen 11. Februar 2014 in Brüssel über die Zulassung abstimmen. Die schwarz-rote Bundesregierung hat sich entschlossen, sich bei der entscheidenden Abstimmung zu enthalten – was bei den EU-Stimmverhältnissen einer De-Facto-Zustimmung gleichkommt. Durch ihr Abstimmungsverhalten öffnet die Große Koalition der Zulassung von Genmais Tür und Tor.

Der Gentech-Mais „1507“ ist um ein Vielfaches giftiger als sein Vorgänger MON810, der aufgrund seiner ökologischen Risiken in Deutschland verboten ist. Wir Grüne hatten im Bundestag deshalb beantragt, dass die damals noch wankelmütige Bundesregierung in Brüssel deutlich „Nein“ zur Genmais-Zulassung sagt. Schließlich kann der Bundestag die Regierung in wichtigen EU-Fragen auf ein bestimmtes Handeln festlegen.

Die schwarz-roten Wahlkreisabgeordnete haben gegen den grünen Antrag gestimmt: Ihr Abstimmungsverhalten steht im klaren Widerspruch zur Position der SPD, deren Parteitag vor Kurzem noch beschlossen hatte, dass die Bundesregierung in Brüssel gegen den Genmais stimmen solle. Immerhin 15 SPD-Parlamentarier hatten den Mumm, sich wenigstens zu enthalten. Nina Scheer war nicht unter ihnen. Ich frage mich, wie meine Kollegin ihr Abstimmungsverhalten ihren Wählerinnen und Wählern erklären will (hier finden Sie die Abstimmungsliste mit den einzelnen Voten der Abgeordneten).

Auch Herr Brackmann muss sich fragen lassen, warum er die einmalige Natur und bäuerliche Landwirtschaft im Herzogtum und Stormarn durch Bienensterben und Agrarindustrie gefährden will: Sogar fünf Abgeordnete der Union – gerade aus ländlichen Gebieten – stimmten gegen Genmais in ihren Wahlkreisen. Denn Gentech-Mais schadet Landwirten, Imkern und unserer Ernährungswirtschaft, weil ihnen hohe Kosten beim Schutz ihrer Produkte vor gentechnischen Verunreinigungen entstehen.

Voraussichtlich muss nun wieder die Kieler Küstenkoalition – wie schon bei CCS und Fracking – mit einer Landesregelung die Menschen in Schleswig-Holstein vor der umweltpolitischen Untätigkeit von Union und SPD in Berlin oder Brüssel bewahren. Die jetzige Abstimmung hat noch einmal verdeutlicht: Schöne Worte im Koalitionsvertrag allein reichen eben nicht, vielmehr kommt es auf das konkrete Regierungshandeln an.

Hintergrund:
Am 11. Februar wird im EU-Ministerrat über die Anbauzulassung für den Mais 1507 abgestimmt. Die 29 Stimmen aus Deutschlands werden dabei von entscheidender Bedeutung sein. In der Vergangenheit gab es häufig eine Pattsituation bei Entscheidungen über die Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen im Rat. In der Folge entschied dann die EU-Kommission für die Zulassung. Der Rat kann eine Zulassung nur ablehnen, wenn eine qualifizierte (2/3) Mehrheit der Mitgliedsstaaten mit Nein stimmt.