Abermals zeigen neue Enthüllungen das immer größere Ausmaß der Geheimdienst-Spionage gegenüber Partnerländern und der UNO auf. So wurden Gespräche Angela Merkels mit westlichen Regierungschefs und dem UNO-Generalsekretär abgehört. Ein guter Anlass mal wieder an das einstmals gemachte Versprechen der Bundeskanzlerin zu erinnern. Deutlich wird, wie sehr es die unabhängige und umfassende Aufklärung durch die Parlamente braucht. Derzeit erweitern wir den Auftrag für den Untersuchungsausschuss des Bundestages. 

Die neusten Enthüllungen sind ein weiterer Beleg dafür, wie weitgehend die von westlichen Geheimdiensten betriebene Spionage ist. Sie wird bei Weitem nicht nur von der US-amerikanischen NSA betrieben, sondern auch vom deutschen Bundesnachrichtendienst (BND).

Ihr Ausspruch „Das Ausspähen von Freunden geht gar nicht“ ist längst zum Synonym für das Wegducken der Kanzlerin in der Geheimdienstaffäre geworden. Nach den letzten Enthüllungen hatte Angela Merkel weitreichende Konsequenzen und die Wiederherstellung von Vertrauen versprochen.

Tatsächlich geschehen ist seitdem nichts. Gesetzgeberische Konsequenzen stehen bis heute aus. Ein „No-Spy“-Abkommen gab es nie. Stattdessen hat sich die Bundesregierung in dem Wissen, dass auch bundesdeutsche Nachrichtendienste Verbündete sehr weitreichend ausspähen, stets als ahnungslos dargestellt und mit dem Finger auf die USA gezeigt.

Abhören unter Freunden als internationaler Standard der Dienste

Abhören unter Freunden geht nicht nur, es scheint geheimdienstlicher Standard zu sein. Die Bundesregierung tut seit Jahren nichts, um an den aufgedeckten Praktiken etwas zu ändern. Bei der Aufarbeitung der eigenen Verstrickungen in die globale Überwachungsmaschinerie blockiert sie auch weiterhin die notwendige Aufklärung durch den Deutschen Bundestag, wo es nur geht. So soll die eigene Verantwortung unter den Teppich gekehrt werden.

Das werden wir nicht zulassen. Aus diesem Grund haben wir zusammen mit der Linksfraktion einen Antrag auf Erweiterung des Untersuchungsauftrags des Ausschusses vorgelegt. Wir gehen davon aus, dass die Regierungsfraktionen sich der weiteren Aufklärung nicht verweigern. Tun sie dies doch, werden wir als Opposition einen neuen Ausschuss einsetzen.

In den letzten Monaten drehte sich die Aufklärung des internationalen Überwachungs- und Geheimdienstskandals im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bundestags vor allem um die Frage der sogenannten „Selektoren“. Deutlich wurde: Nicht nur US-amerikanische Dienste haben mit Hilfe dieser Suchbegriffe (Telefonnummern, Mail-Adressen und andere Telekommunikationsmerkmale von Personen) deutsche und europäische Grundrechtsträger und Firmen ausgespäht. Auch deutsche Geheimdienste haben sowohl „Selektoren“ der NSA als auch eigene eingesetzt. Diesen Komplex wollen wir weiter aufklären – auch, um die bisherige Abwehrhaltung der Bundesregierung kritisch zu hinterfragen und die Notwendigkeit gesetzlicher Konsequenzen zu verdeutlichen.

Neue Erkenntnisse – neue Untersuchungen

Den bisherigen Untersuchungsauftrag wollen wir vor allem um den Einsatz und die Kontrolle insbesondere der vom Bundesnachrichtendienst (BND) eingesetzten „Selektoren“ bei der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) erweitern. Darüber hinaus ergänzen wir den Auftrag explizit um die Untersuchung von Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen des BND in Deutschland, die nicht mittels einer sogenannten „G10-Anordnung“ durchgeführt werden sowie die Rolle des BND als Teil des sogenannten „global reach“-Ansatzes der NSA bei der weltweiten TK-Überwachung.

Die Abgeordneten von Grünen und der Fraktion Die Linke haben daher mit den hierfür nötigen 120 Abgeordneten-Unterschriften eine Erweiterung des Untersuchungsauftrages beantragt. Falls die Fraktionen der Großen Koalition mit ihrer Mehrheit unseren Erweiterungsantrag ablehnen, werden wir als Opposition die Einsetzung eines weiteren Untersuchungsausschusses zur Aufklärung dieses Komplexes vorantreiben. Dem könnten sich die Fraktionen von CDU/CSU und SPD wegen des Minderheitenrechts der Opposition nicht einfach verwehren.

Verteidigungslinie der Bundesregierung bröckelt

Immer deutlicher wurde in den letzten Monaten: Die Bundesregierung hat seit den Snowden-Enthüllungen und insbesondere vor der Bundestagswahl 2013 Öffentlichkeit und Parlament in weiten Teilen über die Beteiligung und das Agieren des Bundesnachrichtendienstes belogen. Damals betonte die Bundesregierung immer wieder, sie wüsste nichts über NSA-Überwachungsprogramme.

Mittlerweile wurde durch Zeugenvernehmung und spätere Medienveröffentlichungen auch bekannt, dass der Bundesnachrichtendienst selbst unzulässig unter anderem EU- und NATO-Staaten, deren Bevölkerung oder dort ansässige Unternehmen ausgespäht hatte, was der Bundesregierung bekannt war. Dennoch echauffierte man sich und zeigte in Richtung USA. Kurze Zeit später erklärte Kanzleramtsminister Pofalla die Affäre kurzerhand für beendet.

Auch die damals immer wieder gemachten Ankündigungen von sogenannten„No Spy“-Abkommen mit den USA aber auch europäischen Partnern müssen nach den im Untersuchungsausschuss ans Tageslicht gebrachten Erkenntnissen gänzlich neu bewertet werden. Die Erweiterung ist auch unabdingbar, um die These der Bundesregierung, die USA und andere Partner agierten grob rechtswidrig, die deutschen Dienste aber nicht, endgültig widerlegen zu können. Zudem ist die Erweiterung notwendig, da in der Vergangenheit im Ausschuss immer wieder Grenzen des bestehenden Auftrages sowie unklare Voraussetzungen, wann ein Vorgang untersuchungsgegenständlich ist, deutlich wurden. Hier bedarf es Klarstellungen.

Vollständige Aufklärung weiterhin nötig

Vollständige Aufklärung kann nur gelingen, wenn wir das gesamte Bild sehen können. Dazu gehören auch die BND-Aktivitäten und die Aufsicht des Kanzleramtes darüber. Anlässlich der notwendigen Reformen des BND- und des Artikel 10-Gesetzes zu den Befugnissen der Geheimdienste bei der Fernmeldeaufklärung müssen wir die bestehenden Missstände und die Verfassungswidrigkeit der Praxis aufdecken – auch um so zu verdeutlichen, wie dringend tatsächliche gesetzliche Reformen sind. Dies gilt auch für die parlamentarische Kontrolle der Dienste.

Hier findet Ihr unseren Mitte Antrag auf Ergänzung des Untersuchungsauftrages des 1. Parl. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode (pdf): dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/075/1807565.pdf