Zur heutigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur deutschen gesetzlichen Regelung für eine Vorratsdatenspeicherung erklären Konstantin von Notz, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender, und Helge Limburg, Sprecher für Rechtspolitik:
Die Vorratsdatenspeicherung gehört auf die Müllhalde der Geschichte. Sie stellt alle Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht – und konnte die in sie gesetzten sicherheitspolitischen Erwartungen nie erfüllen. Die Rechtsunsicherheit beim Einsatz für die Bediensteten in den Sicherheitsbehörden ist massiv. Sie bindet unnötig Ressourcen und wehrt konkrete Gefahren eben nicht zielgerichtet ab.
Die jetzige Entscheidung ist eine erneute herbe Klatsche für die Befürworterinnen und Befürworter, denen es bis heute nicht gelungen ist, eine verfassungskonforme Regelung vorzulegen. Die Entscheidung wurde von allen Expertinnen und Experten so erwartet. Sie liegt auf Linie der bisherigen Rechtsprechung des Gerichts.
Abermals mussten höchste Gerichte darauf hinweisen, dass wiederholt geschaffene gesetzliche Regelungen mit geltenden Grundrechten nicht vereinbar waren und sind. Dennoch ist die deutsche Regelung bis heute nur ausgesetzt, ein rechtspolitisch höchst fragwürdiges Vorgehen.
Die Ampel hat sich in ihrem Koalitionsvertrag nach intensiven Debatten gemeinsam glasklar darauf verständigt, die Bevölkerung zukünftig nicht mehr anlasslos zu überwachen, sondern stattdessen Gefahren zielgerichtet abzuwehren und eine insgesamt grundrechtsorientierte und rechtsstaatlich ausgestaltete Sicherheitspolitik zu verfolgen. Hierzu stehen wir. Für eine – wie auch immer geartete – Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung sehen wir weder rechtlichen noch politischen Spielraum.
Wir begrüßen, dass der Bundesjustizminister, dem Koalitionsvertrag und den zwischen den Häusern intensiv abgestimmten Vorhabensplanungen folgend, bereits gemeinsam mit dem Innenministerium an einem Gesetzentwurf für eine „Quick-Freeze“-Regelung arbeitet. Durch dieses Verfahren werden zukünftig die bei den TK-Anbietern gespeicherten Daten erst nach Vorliegen eines konkreten Tatverdachts schnellstmöglich eingefroren, um sodann Täter zu identifizieren und sie der Strafverfolgung zuführen zu können.
Mit Hilfe zahlreicher anderer Vorhaben werden wir die Strafverfolgung effektivieren und gleichzeitig die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger schützen. Statt in längst überholte Muster zu verfallen und über immer neue Eingriffsbefugnisse zu diskutieren, müssen wir eine ehrliche Bilanz der Sicherheitspolitik der vergangenen Jahre ziehen, eine überfällige Überwachungsgesamtrechnung auf den Weg bringen und insgesamt eine zielgerichtete Sicherheitspolitik verfolgen.