Zu den wiederholten Forderungen des innenpolitischen Sprechers der CDU-Landtagsfraktion, Werner Kalinka, nach einer raschen Neuauflage der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung erklärt der schleswig-holsteinische Bundestagsabgeordnete und Sprecher für Innen- und Netzpolitik der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Dr. Konstantin von Notz:

Werner Kalinka wäre gut beraten, den Wahrheitsgehalt der Forderungen seiner Parteikollegen einer kritischen Überprüfung zu unterziehen- bevor er sie 1:1 weiterverbreitet.

Die Aussage Kalinkas, dass Telekommunikationsanbieter in der Regel keine diesbezüglichen Verbindungsdaten mehr speichern und somit auch nicht herausgeben könnten, ist schlicht falsch: Zu Abrechnungszwecken werden weiterhin Verbindungsdaten gespeichert, in Deutschland oftmals bis zu sechs Monate lang. Darüber hinaus können die Sicherheitsbehörden bei Bedarf eine richterliche Anordnung beantragen, der zufolge die Verbindungsdaten bestimmter Verdächtiger aufzuzeichnen sind.

Die „bedeutsame Sicherheitslücke“, vor der Kalinka warnt, gibt es nicht. Nach einer Studie des Max-Planck-Instituts im Auftrag des Bundesjustizministerium waren Abfragen von Verbindungsdaten auch ohne Vorratsdatenspeicherung in 96 % aller Fälle erfolgreich. Das BKA nennt in einer Untersuchung 381 Fälle, in denen den Ermittlungsbehörden Verbindungsdaten fehlten – gemessen an den 6 Mio. pro Jahr begangenen Straftaten ist dies eine verschwindend geringe Zahl von 0,01 %. Die Aussage, dass seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Internet ein „rechtsfreiem Raum“ entstanden sei, entbehrt damit jeder Grundlage. Durch empirische Daten ist sie jedenfalls nicht zu belegen.

Auch die Aussage Kalinkas, dass eine Strafverfolgung praktisch nicht mehr stattfände, ist angesichts von Aufklärungsraten in der „virtuellen Welt“, die weit über denen von Straftaten in der „realen Welt“ liegen, nicht nachvollziehbar.

Das Bundesverfassungsgericht hat im März dieses Jahres deutlich gemacht, dass die Vorratsdatenspeicherung nicht mit unserer Verfassung vereinbar ist. Nachdem auch zahlreiche Verfassungsgerichte anderer europäischer Länder dies festgestellt haben, steht die Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie derzeit auf dem Prüfstand. Statt voreiligen Aktionismus und gesetzgeberischen Schnellschüssen brauchen wir endlich intelligente und verfassungskonforme Alternativen zu der anlasslosen Überwachung aller Bürgerinnen und Bürger.